Vera und
Kaspar
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Ende 2006 haben wir unseren 238 B1 (Jg. 1972) über diese Website gekauft. Wir planten einen 6-monatigen Trip durch Nordeuropa und suchten noch ein passendes Fahrzeug. Nun, einige Leute taten uns als Spinner ab, dies mit einem 238er zu wagen. Das Auto kam frisch ab TÜV und machte uns einen sehr guten Eindruck. Ich war sogar der Meinung, einen besser erhaltenen 238er würden wir nie mehr finden (es war nicht der erste, den wir uns angeschaut hatten).

Anfang April 2007 sollte es dann losgehen. Sollte! Denn wir liessen den Bus von einem Schrauber der seit über 30 Jahren mit Fiat arbeitet checken und das Ergebnis war ernüchternd.  Auto nicht verkehrstauglich, in erster Linie wegen miserabler Bremswerte, und das notabene frisch ab TÜV. Nun gut, an den Bremsen soll man nicht sparen, dachten wir uns und liessen die Sache natürlich richten. Weil an der einen Bremstrommel Material abgetragen werden musste, war dies eine Aktion, die sich leider recht lange hinzog.

Mitte April ging’s dann aber endlich los. Beim beladen des Wagens waren wir übrigens recht überrascht, wie viel Material unser „Fiatli“ zu schlucken imstande ist.

Über den Jura, das Burgund und die Pays de la Loire ging’s in Richtung Bretagne. Wir fuhren praktisch alles über Land und konnten die wunderbare französische Landschaft dabei so richtig geniessen. Schon nach kurzer Zeit empfanden wir das Fiatli nicht mehr nur einfach als Fahrzeug, sondern als Reiseteilnehmer mit eigenem Charakter.

Nach ca. 1000 km würgte ich an einer Kreuzung den Motor ab und beim Startversuch tat sich gar nichts mehr. Kein Klicken, nichts. Da standen wir also und blockierten den Verkehr bis ein Lastwagen anhielt, dem fünf nette Franzosen entstiegen, welche uns von der Kreuzung schoben. Ein Schlag auf den Anlasser half dann übrigens das Ding wieder in Schwung zu bringen. Darauf hätte ich auch eher kommen können...

Von dem Tag an, sprang das Fiatli bei heissem Motor immer öfter nur noch mit Hilfe des Hammers an. Es wollte wohl einfach das tägliche Km-Pensum reduzieren und wir kamen dem Wunsch in aller Regel nach.

Die nächsten drei Wochen fuhren wir entlang der bretonischen Küste und nahmen uns ausgiebig Zeit um die Schönheiten der Natur zu geniessen.

Mitte Mai verabschiedeten wir uns von der Bretagne. Das Fiatli pflügte sich tapfer durch strömenden Regen auf die Fähre in St. Malo. Unser Ziel: Portsmouth in Südengland.

Während einer längeren Irrfahrt auf der Suche nach einem Campingplatz konnten wir uns auch gleich an den Linksverkehr gewöhnen. In England sind die Leute ganz verrückt nach alten (Camping-) bussen und immer wieder begegneten wir irgendwelchen Freaks mit ihren Bullies. Einem 238er freilich sollten wir nicht begegnen. Derweil befand sich unser Magnetschalter - dies die Vermutung - endgültig auf dem Weg ins Jenseits. Von nun an hiess es möglichst nach Abwärtsparkplätzen Ausschau zu halten. Es gibt bequemeres als mit den Füssen während dem Schlafen dauernd in Richtung Küche zu rutschen. Aber es gab auch positive Seiten der Situation: Wir lernten viele, hilfsbereite Menschen kennen, welche uns beim Anschieben halfen. Ungefähr einen Monat und gegen 2000km später setzten wir per Fähre von Newcastle nach Stavanger in Norwegen über.

Die selbst in Südnorwegen zum Teil recht gebirgigen Strassen verlangten dem Fiatli einiges ab, es meisterte den Weg jedoch souverän! Nun ja, kurz vor Kristiansand brach der Auspuff gleich hinter dem Krümmer, was natürlich etwas unangenehm war. Es war ein Tag vor Mitsommer und sämtliche Garagen hatten schon geschlossen. Wir fanden dann jedoch einen freundlichen LKW-Mechaniker der sich dem Charme unserer italienischen Diva nicht entziehen konnte und den Auspuff notdürftig anschweisste. Von nun an mussten wir die Musik eben etwas lauter drehen.

In dem Örtchen Evje dann, sprach uns plötzlich ein Herr auf das Fiatli an: ein Freund hätte auch einen 238er, den er in Wien erstanden hätte! Dieser Freund erschien dann prompt am Abend auf unserem kleinen Campingplatz und stellte sich als Kjell vor. Richtig, er ist auch hier im Forum. Man stelle sich vor: da trifft man in einer Kleinstadt im Nirgendwo ausgerechnet auf den möglicherweise einzigen Besitzer eines 238ers in Norwegen. Und nun ist Norwegen ja nicht gerade klein...  Jedenfalls war das eine sehr schöne Begegnung!

Irgendwann, mittlerweile bereits in Schweden angelangt,  hatten wir genug der Anschieberei und  (u.a. auch nach „Rücksprache“ mit den Forumsusern auf dieser Website) beschaffte uns ein Freund einen neuen Magnetschalter und schickte ihn postlagernd nach Arvika am Vänernsee. Die Freude war dann gross, als das Teil endlich ankam, und wir es in einer Garage in Askersund montieren lassen konnten. Bei der Gelegenheit liessen wir auch endlich den Auspuff anständig schweissen, so dass Lärm und Gestank nachliessen. In Askersund übrigens campten wir mitten zwischen Citroen -Fans, welche ans internationale Treffen in Borlänge unterwegs waren. Das Fiatli fühlte sich wohl zwischen all den Enten und Wellblechkisten (den Bussen vom Typ H).

Abgesehen von einem Wackelkontakt am Zündschloss war das Fiatli von nun an richtig zuverlässig! Nach der Fahrt durch Dänemark, entlang der Ost- und Nordseeküste sowie Abstechern nach Bremen und Hamburg beschlossen wir dann das letzte Stück zurück in die Heimat mit dem Autozug zu bewältigen. Von der Höhe des Fahrzeuges her ging das gerade noch so knapp und als wir beim Verladen mitten durch den Bahnhof Altona fuhren, fielen wir natürlich mal wieder auf wie ein bunter Hund.

Nach gut 10'000 km und einem sehr ereignisreichen, knappen halben Jahr sind wir dem Fiatli bedingungslos verfallen, haben es jedoch dennoch in die wohlverdiente Winterpause geschickt. Diese wird nächstens zu Ende sein.

Vera und Kaspar
Winterthur, Schweiz